Faires Internet: Rund 45 Millionen EURO Einsparpotential

Im Zuge von Untersuchungen zum Thema faires Internet, sind wir auf folgendes aufmerksam geworden.

101 Unternehmen

Im Zuge einer Kurzrecherche wurden die Werbemaßnahmen von Unternehmen mit Sitz in Deutschland untersucht. Es wurden in kurzer Zeit 101 Unternehmen gefunden, die über einen kostenfreien Eintrag in der Suchmaschine Google verfügen und dies in der Regel sowohl für ihre/n Markennamen als auch für ihre Top-Level-Domain/s.

Erster Platz

Diese kostenfreien Einträge werden beinahe immer an erster Stelle der Suchmaschine eingeblendet. Dies ist natürlich keine Überraschung, da zum einen Markenrecht und Markenrichtlinien, als auch das Bemühen einer Suchmaschine, möglichst passende Ergebnisse zu liefern, genau zu diesem Ergebnis führen sollten.

Werbemaßnahmen

Dennoch nutzen diese 101 Unternehmen das Werbeprogramm Google Adwords, dafür einen kostenpflichtigen Werbeeintrag zu ihren Markennamen und / oder Domain einzublenden. Hier zwei Beispiele:

Suche nach: telekom

Quelle: Screenshot von Google.de 15.04.2020, Suche nach telekom

Suche nach: telekom.de

Suche nach telekom.de
Quelle: Screenshot von Google.de 15.04.2020 Suche nach Telekom.de

Auswirkungen: Position & Kosten

Dies hat zwei wesentliche Auswirkungen:

1) Der kostenfreie Eintrag rutscht einen Platz nach unten.

2) Für den nun an erster Stelle stehenden Werbeeintrag fallen – für diese 101 Unternehmen – Gesamtkosten in Höhe von bis zu 45 Millionen Euro ggf. zuzüglich Provisionen an.

Wie wurden die Werte ermittelt?

Die Ermittlung der Werte erfolgte mit Hilfe eines Google Werkzeugs. Hier zur Unterscheidung. Google ist eine Suchmaschine, Google Adwords das kostenpflichtige Werbeprogramm mit dem man vor oder nach den normalen Suchergebnissen (auch organische Suchergebnisse genannt) Werbeanzeigen einblenden kann. Google Adsense ist das Programm mit dem Webseitenbetreiben Google Anzeigen automatisiert einbinden können und dafür Geld bekommen. Alle Unternehmensbereiche gehören zum Mutterkonzern Alphabet. Alphabet soll laut diesem Beitrag der ARD im übrigen mit einem Barvermögen von 117 Milliarden Dollar das reichste Unternehmen der Welt sein.

Google Adwords bietet verschiedene Werkzeuge an, mit denen man seine Anzeigen optimieren oder überprüfen kann. Hierzu gehört auch der Google Keyword Planner, der Gebotsschätzungen zu den gewünschten Keywords vornimmt. Dieses Werkzeug wurde für die Untersuchung verwendet, um zu ermitteln, was die Nennung eines Markennamens oder der Nennung einer Domain für ein Quartal kostet. Der Wert wurde dann mal vier (vier Quartale) multipliziert, um auf einen ungefähren Jahreswert zu kommen.

Quelle: Screenshot Keyword Planner

Es handelt sich dabei um Gebotsschätzungen die Google Adwords auf Grundlage der ihnen vorliegenden Datensätze ermittelt. Bis auf den Wert der Deutschen Telekom wurden alle Werte Ende Februar 2020 ermittelt. Die Corona-Krise hat die tatsächlichen Werte dann in der Realität verändert. Das Suchvolumen für Mietwagen ist gefallen, während das Suchvolumen für Lebensmittelketten gestiegen sein wird.

Das Unwissen der Kunden nutzen

Beinahe solange wie es den ersten Platz in Google gibt, solange versuchen Menschen insbesondere Webdesigner und Marketer daraus Geld zu schlagen. Ein Freund berichtete mir mal ganz Stolz, sein Webdesigner hätte ihn bei Google auf die erste Seite gebracht. Das sah ungefähr so aus. Stellen Sie sich einen Firmennamen in dieser Wertigkeit vor (fiktives Beispiel!): „Käsemanufaktur Anton Scherzinger“

Unter einem solchen Suchtherm – bestehend aus drei Worten – auf Platz 1 gefunden zu werden, sollte wohl in jeder Suchmaschine zum Standardangebot gehören. Aber welcher Neukunde sucht schon „Käsemanufaktur Anton Scherzinger“? Andere wichtige Suchworte für eine Neukundenakquise hatte der Webdesigner nicht umgesetzt. Warum auch, dann hätte er arbeiten müssen.

Im Laufe der Jahre habe ich vermutlich hunderte solcher Angebote gesehen und kaum eines war sein Geld wert. Das Geschäft funktioniert eigentlich immer gleich, dem unwissenden Kunden wird etwas verkauft, von dem er keine Ahnung hat.

Warum dennoch eine Anzeige geschaltet wird?

Natürlich haben Marketer Gründe, weshalb es notwendig sei, den Markennamen oder die Domainadresse – trotz vorhandenen kostenlosen Sucheintrag – zusätzlich kostenpflichtig zu bewerben.

Viele dieser Argumente werden hier von einer Unternehmensberatung untersucht und entkräftet: https://www.taiber-unternehmensberatung.de/adwords-firmennamen-bewerben-keyword-eigener-firmenname-in-adwords/

Selbstverständlich möchten das die meisten Ads-Agenturen nicht hören.

Provisionen

Laut Wikipedia erhielten zertifizierte Adwords-Agenturen von Adwords bis Ende 2008 bis zu 7,5% Provision des Werbebudget des jeweiligen Kunden. Weiterhin heißt es dort: „Ab Anfang 2009 begannen viele Ads-Agenturen, entweder über Umsatz- oder über Gewinnbeteiligung ein erfolgsbasiertes Ads-Marketing anzubieten.“

Heutzutage werden diese Modelle gern mit der Abhängigkeit der Konversion verknüpft.  Das bedeutet quasi, der Erfolg einer Interaktion wird gemessen. Sprich wenn nun z.B. jemand auf eine Anzeige klickt und auf der verlinkten Seite eine Smartphone kauft, steigt die Konversionsrate.

Nun Bedarf es keiner großen Anstrengung folgendes zu vermuten: Eine Person, die nach einem Markennamen oder nach dem Domainname der Marke sucht, hat bereits ein konkretes Ziel.

Wir leben in einer Zeit, in der große Zahlen wichtig sind. Für den Abteilungsleiter der Marketingabteilung oder der mit Konversion am Umsatz beteiligten Anzeigen-Agentur sind hohe Konversionsraten heute ein Beleg für den Erfolg ihrer Arbeit.

Würde man nun darauf verzichten Marken- und Domainnamen kostenpflichtig zu bewerben, dürften die Konversionsrate deutlich niedriger ausfallen, sowie auch die Provisionen der Agenturen. Denn dann würden die Kunden über den kostenfreien Eintrag auf die jeweilige Internetseite gelangen und aktiv werden.

Dies soll nun kein Generalverdacht sein, gemäß dem Motto: Die Provisionen werden mit Hilfe von kostenpflichtigen Anzeigen künstlich erhöht. Es gibt aber auch Agenturen, die auf ein solches Vorgehen verzichten und im Interesse des Kunden viel Arbeit in Ihre Kampagnen investieren.

Es gibt sicherlich auch Fälle in denen dieses Vorgehen Sinn macht. Aber um Kundengelder im fünf, sechs, sieben oder sogar acht stelligen Bereich zu investieren, sollte es sehr gute Gründe geben.

Potential – Faires Internet

Die Gebotsschätzungen beruhen im Übrigen auf der Einstellung genau passend, würde man weichere Keyword-Einstellungen verwenden, wäre dieser Wert deutlich höher.

Die Investition: Rund 44,7 Mio EUR zzgl. vielleicht 5% Provisionen (EUR 2.235.695,-) ergibt einen Betrag in Höhe von rund 47 Millionen EUR. Demgegenüber stehen die kostenfreie Einträge für Marken- und Domainnamen, die kaum weniger Nutzen für den Webseitenbetreiber haben dürften.

Was wäre wenn Google eine Abhängigkeit in Adwords zwischen den Keywords geschaffen hätte, die diese Maßnahme rechtfertigen würde? Dann würde sich daraus folgende Frage stellen: Wie groß ist der messbare Vorteil für die anderen Keywords und steht der investierte Betrag teils in Millionenhöhe im Verhältnis hierzu?

Selbst wenn es eine Abhängigkeit geben würde. Welches Signal würde man Google senden, wenn immer mehr Firmen bereit sind für Ihren Eintrag in Google zu bezahlen. Welches Interesse hat eine Suchmaschine dann noch kostenfreie Ergebnisse der Unternehmen zu liefern?

Die weltweite Einsparung, nur für dieses kleine Beispiel, dürfte bei mehreren hundert Millionen EURO liegen. Faires Internet ohne Abhängigkeiten könnte Unternehmen sehr viel Geld sparen und somit langfristig Arbeitsplätze sichern.

Welche Unternehmen betrifft dies?

Für die folgenden Unternehmen wurden die Gebotsschätzungen für ein Quartal ermittelt (Werte wurden mal vier multipliziert, damit man einen Jahreswert hat). Rechts jeweils die Gebotsschätzungen für ein Jahr für Markennamen und/oder Domainnamen (Stand Ende Feb 2020):

Deutsche Telekom AG 13.600.000,00 €
IKEA Deutschland GmbH & Co. KG 2.600.000,00 €
American Express Europe S.A. 2.160.000,00 €
Deichmann SE 2.040.000,00 €
Otto GmbH & Co KG 1.640.000,00 €
Snipes SE 1.320.000,00 €
Deutsche Lufthansa AG 1.280.000,00 €
Esprit Retail B.V. & Co. KG 1.280.000,00 €
Lidl Digital International GmbH & Co. KG 1.200.000,00 €
myToys.de GmbH 1.120.000,00 €
ALDI GmbH & Co. KG Essen 1.000.000,00 €
Media-Saturn-Holding GmbH 960.000,00 €
Telefónica Germany GmbH & Co. OHG 880.000,00 €
GALERIA Karstadt Kaufhof GmbH 840.000,00 €
dm-drogerie markt GmbH + Co. KG 720.000,00 €
Deutsche Bahn AG 640.000,00 €
McDonald’s Deutschland LLC 560.000,00 €
POCO Einrichtungsmärkte GmbH 480.000,00 €
Hunkemöller Deutschland B.V. & Co. KG 480.000,00 €
Parfümerie Douglas GmbH 440.000,00 €
Dänisches Bettenlager GmbH & Co. KG 400.000,00 €
Sixt GmbH & Co. Autovermietung KG 364.000,00 €
EUROPCAR Autovermietung GmbH 348.000,00 €
BAUHAUS E-Business G.f. Bau-u.Hausbed. mbH & Co. KG 340.000,00 €
Deutsche Bank AG 336.000,00 €
baby-walz GmbH 328.000,00 €
Hertz Autovermietung GmbH 304.000,00 €
HALLHUBER GmbH 284.000,00 €
Dirk Rossmann GmbH 264.000,00 €
Commerzbank Aktiengesellschaft 260.000,00 €
PENNY-Markt Gesellschaft mit beschränkter Haftung 240.000,00 €
HORNBACH Baumarkt AG 228.000,00 €
DECATHLON Deutschland SE & Co. KG 228.000,00 €
SUBARU Deutschland GmbH 216.000,00 €
AUDI AG 184.000,00 €
Bayerische Motoren Werke Aktiengesellschaft 176.000,00 €
Porsche Deutschland GmbH 164.000,00 €
Allianz Deutschland AG 164.000,00 €
Samsung Electronics GmbH 160.000,00 €
SportScheck GmbH 156.000,00 €
HUK-COBURG-Allgemeine Versicherung AG 152.000,00 €
adidas AG 150.000,00 €
Michael Kors (Germany) GmbH 144.000,00 €
toom Baumarkt GmbH 136.000,00 €
METRO Deutschland GmbH 132.000,00 €
Hugendubel Digital GmbH & Co. KG 132.000,00 €
TUI Deutschland GmbH 128.000,00 €
Höffner Online GmbH & Co. KG 128.000,00 €
BDSK Handels GmbH & Co. KG 128.000,00 €
GameStop Deutschland GmbH 128.000,00 €
Renault Deutschland AG 124.000,00 €
Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch 124.000,00 €
Ford-Werke GmbH 120.000,00 €
hagebau connect GmbH & Co. KG 120.000,00 €
HELLWEG Die Profi-Baumärkte GmbH & Co. KG 116.000,00 €
Apollo-Optik Holding GmbH & Co. KG 116.000,00 €
PUMA SE 112.000,00 €
A.T.U Auto-Teile-Unger GmbH & Co. KG 112.000,00 €
OBI GmbH & Co. Deutschland KG 104.000,00 €
Kaufland Dienstleistung GmbH & Co. KG 96.000,00 €
Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. 96.000,00 €
AIDA Cruises 92.000,00 €
Toyota Deutschland GmbH 88.000,00 €
Mercedes-Benz AG 84.000,00 €
FCA Germany AG 80.000,00 €
Hyundai Motor Deutschland GmbH 76.000,00 €
Kia Motors Deutschland GmbH 76.000,00 €
Ralph Lauren Europe Sàrl 76.000,00 €
Nissan Center Europe GmbH 64.000,00 €
Techniker Krankenkasse 64.000,00 €
Zurbrüggen Wohn-Zentrum GmbH 60.000,00 €
Jaguar Land Rover Deutschland GmbH 56.000,00 €
Guess Europe SAGL 52.000,00 €
Globetrotter Ausrüstung GmbH 48.000,00 €
MMD Automobile GmbH 44.000,00 €
Volvo Car Germany GmbH 44.000,00 €
Garmin Deutschland GmbH 44.000,00 €
Barmer 44.000,00 €
CHRIST Juweliere und Uhrmacher seit 1863 GmbH 44.000,00 €
WMF Group GmbH 44.000,00 €
Closed Direct GmbH 44.000,00 €
Kentucky Fried Chicken 40.000,00 €
Birkenstock digital GmbH 38.800,00 €
Mazda Motors Deutschland GmbH 34.000,00 €
Subway Vermietungs- und Servicegesellschaft mbH 33.200,00 €
INTERSPORT Digital GmbH 30.000,00 €
Nespresso Deutschland GmbH 29.600,00 €
alltours flugreisen gmbh 27.200,00 €
Nikon GmbH 26.800,00 €
E.ON Energie Deutschland GmbH 26.400,00 €
SCHIESSER AG 26.000,00 €
Fossil (Europe) GmbH 24.800,00 €
Fielmann AG 23.200,00 €
JACK WOLFSKIN Retail GmbH 23.200,00 €
geobra Brandstätter Stiftung & Co. KG 22.000,00 €
Hans Segmüller Polstermöbelfabrik GmbH & Co. KG 21.600,00 €
FTI Touristik GmbH 20.400,00 €
Engel & Völkers AG 20.400,00 €
Möbel-Kraft Online GmbH & Co. KG 18.100,00 €
Zoo Leipzig GmbH 12.000,00 €
Avis Autovermietung 10.200,00 €

APOOS informiert

Das APOOS Projekt hat sämtliche Firmen über die möglichen Einsparungen schriftlich informiert. Weiterhin wurde angeregt die jährliche Ersparnis in einen Sponsoreneintrag bei APOOS zu investieren. So das bald das erste faire All-In-One  Projekt (Community, Cloud, Marketing- und Verkaufsplattform) umgesetzt werden kann und Unternehmen endlich langfristig im Bereich Online-Marketing sparen. Welches Potential damit verbunden wäre zeigt allein schon dieser Artikel.

Offensichtlich scheinen die meisten Briefe direkt in den entsprechenden Marketingabteilungen gelandet zu sein. Darauf deuten zumindest die hohen Besucherzahlen meines LinkedIn Profils von Menschen mit Berufen aus dem Bereich Marketing und Anzeigen. Leider haben diese häufig wenig Interesse daran Ihre Erfolgszahlen runter zuschrauben, es ist ja nicht ihr Geld, was sie da ausgeben.

Anzeigen abgeschaltet

Zu folgenden Unternehmen konnten wir aktuell (16.04.2020) keine Anzeige zu den mitgeteilten Suchbegriffen finden:

Deutsche Lufthansa AG
dm-drogerie markt GmbH + Co. KG
Deutsche Bahn AG
BAUHAUS E-Business G.f. Bau-u.Hausbed. mbH & Co. KG
Hertz Autovermietung GmbH
TUI Deutschland GmbH
Barclays Bank Ireland PLC Hamburg Branch
Ford-Werke GmbH
Hyundai Motor Deutschland GmbH
Nissan Center Europe GmbH
alltours flugreisen gmbh
Fielmann AG
FTI Touristik GmbH
Zoo Leipzig GmbH

Durch die Abschaltung dieser Adwords-Anzeigen erfolgt eine Einsparung in Höhe von bis zu 3,9 Mio EUR jährlich. Ein Erfolg aus dem Bereich des fairen Internets.

Insbesondere weil die Bedeutung und Tragweite der APOOS Kampagne unterdessen jedem Unternehmen bewusst sein sollte, muss man sich über die mangelnde Bereitschaft dieser Unternehmer wundern, die ein Sponsoring von APOOS nicht in Anspruch nehmen. Infos zum Sponsoring unter: https://apoos.de/faires-internet-foerdern/

Fazit

Unternehmen sollten die Signale, die sie monopolartigen Unternehmen senden genau überdenken und ihre Betriebsausgaben – gerade in der aktuellen Corona-Krise – näher hinterfragen. Faires Internet kann für die europäische Wirtschaft eine Chance sein, endlich unabhängig zu werden, aber auch nur wenn das Projekt Unterstützer findet.

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